Politisches Engagement

 
 
Monique Centeno
Co-Präsidentin «Integrale Politik Schweiz» 2011 - 2015
 
Fotografie: Raul Surace

Fotografie: Raul Surace

 

Integrale Politik setzt sich ein für das Wohl aller Menschen – das soll gelebte Wirklichkeit im Politbetrieb werden. Wie lassen sich Entscheidungen treffen, die tragfähig sind und dem Allgemeinwohl Rechnung tragen? Integrale Politik wird konkret – und fordert ein Bundesamt für den Frieden. Eine Vision treibt erste Blüten.

 
 

«AUSRICHTUNG DER POLITIK AUF EIN GANZHEITLICHES MENSCHENBILD»

Als Monique Centeno vor etlichen Jahren von einer Freundin auf die damals in Entstehung begriffene IP Schweiz aufmerksam gemacht wurde, durchzuckte es sie wie ein Blitz: «Endlich!» Was sie in dem ihr überlassenen Flyer las, war der Entwurf zu einem konkreten Projekt mit all dem, was sie seit langem bewegte und was als Vision in ihr geschlummert hatte. «Die Werte, die sich mir da zeigten, haben mich so berührt, dass mein Entschluss, mich dafür mit all meiner Kraft zu engagieren, die natürlichste Sache der Welt war», erklärt sie.

 

Dann ging es schnell: Integrale Politik Schweiz hat den Grundsatz, von einem Co-Präsidium geführt zu werden. Ein Mann aus der Deutschschweiz war schon vorgesehen, und weil Monique sich engagieren wollte, eine Frau ist, über die notwendigen Qualifikationen verfügt und gut Deutsch spricht, wurde sie Co-Präsidentin von IP Schweiz. Es gelang ihr dank ihrem wachen Geist, ihrer Herzenskraft und ihrer nachhaltigen spirituellen Verankerung rasch, in die neue Aufgabe hineinzuwachsen. «Politik, so wie sie heute praktiziert und verstanden wird, kommt den tiefen Bedürfnissen der menschlichen Seele und unseres Planeten nicht entgegen, das zeigt die Erfahrung», konstatiert Monique Centeno. «In unserer Gesellschaft und insbesondere in der Politik hat Menschlichkeit einen viel zu geringen Stellenwert. Nehmen wir als Beispiel den Begriff ‹Liebe›: Liebe hat in der Politik und in der Wirtschaft keinen Platz. Und doch gehört Liebe zu den Grundbedürfnissen jedes Menschen. Dies führt zu einer Abspaltung: Liebe in der Familie, in der Beziehung, im Freundeskreis: ja – im Leben außerhalb dieses Kreises: nein. Das bedeutet, dass Liebe im persönlichen Beziehungskreis als Stärke gewertet, in der Wirtschaft und in der Politik aber als deplatziert empfunden wird. Diese Abspaltung macht die Seele jedes tief fühlenden Menschen krank.» Dabei gehe es nicht einfach nur um ‹lieb sein›, Liebe im integralen Sinn heiße, zu tun, was stimmig ist, und sich mit ganzer Kraft dafür einzusetzen.

 
 
Integrale Politik ist Politik aus der Intelligenz des Herzens.
 
 

Mit Blick auf die Vision

In der praktischen politischen Arbeit agiert Integrale Politik aus der Vision einer integralen Gesellschaft heraus. «Wir gleichen die Fragen, die uns bei Abstimmungen gestellt werden, mit unserer Vision ab. Diese Vision ist nicht nur ein Bild unserer rationalen oder ideellen Vorstellung. Durch eine in die Tiefe gehende, intuitive Arbeit der Mitglieder des Politischen Ausschusses wird auf allen vier Seinsebenen, der körperlichen, der emotionalen, der rationalen und der spirituellen, für jedes Thema, jeden Vorschlag und jede Frage nach einer integralen Vision gesucht. Eine Vision ist oft sehr weit weg, so weit, dass unsere heutige Gesellschaft dort nicht so rasch ankommen wird. Aber die Vision ist wie ein Leitstern, der uns die Richtung weist. Wenn uns ein Ja der Vision näher bringt, empfehlen wir Zustimmung zu einer Abstimmungsvorlage, wenn es uns weiter davon entfernt, Ablehnung. Oft ergänzen wir diese Kommentare zu den aktuellen Abstimmungsvorlagen mit konkreten Vorschlägen, die sofort einen Beitrag zur Entwicklung unserer Gesellschaft in Richtung des Integralen leisten könnten.» Wichtig sei aber auch ein anderer Aspekt, betont Monique Centeno: «Wir haben zu den verschiedensten Themen politische Positionspapiere erarbeitet, die man auch als ‹Parteiprogramm› bezeichnen könnte, aber integrale Politik lässt sich nicht einfach per Mehrheitsbeschluss durchsetzen. Integrale Politik bedeutet Bewusstheitsförderung für alle – individuell und in Gruppen. Auch im schweizerischen Vorstand suchen wir immer wieder nach neuen Wegen. Zurzeit lernen wir, mit Holacracy® zu arbeiten. Das ist eine neue Art, in der Gruppe zu interagieren und eine Organisation zu führen. Es geht um flache Strukturen, um die Verantwortung jedes Einzelnen für sein Gebiet. Holacracy® erlaubt es, selbstverantwortlicher zu handeln, was viel mehr Freude macht.» Das politische Ziel der IP sei dann erreicht, wenn es die IP nicht mehr brauche, nämlich dann, «wenn die Bewusstheit einer Mehrheit der Menschen in unserer Gesellschaft und damit auch unserer PolitikerInnnen so hoch ist, dass gar keine anderen als integrale Lösungen mehr in Betracht kommen.» Integrale Politik hat so gesehen auch keine «Gegner» auf dem politischen Parkett: «Jede Partei hat Anteile, die in Richtung Gesamtwohl und damit in Richtung unserer Vision gehen», ist Monique Centeno überzeugt. «Diese Anteile gilt es zu stärken und miteinander zu verbinden. Wir wollen nicht andere politische Akteure ‹bekämpfen›, im Gegenteil: Wir möchten sie stark machen im Sinne einer ganzheitlichen Betrachtungs- und Handlungsweise.» Integrale Politik könne auch nicht bedeuten, andere mit irgendwelchen Ideen und Konzepten überzeugen zu wollen. «Integrale Politik kann man nur vorleben und durch authentisches Handeln nachvollziehbar machen. Wir streben nicht an, dass möglichst viele Menschen sagen: ‹Die Integralen haben recht.› Es geht darum, dass immer mehr Menschen integral denken und handeln, also selbst ‹integral› werden, weil sie fühlen, dass ‹integral› ihrem inneren Wunsch entspricht. Integral ist eine Haltung, nicht ein politisches Konzept oder Programm. Wir wollen nicht ‹die Politik› ändern, sondern anders politisieren.»

 

Glaubenssätze über Bord werfen

Unsere Gesellschaft und die Politik seien von Glaubenssätzen und Mustern geprägt, die tief verwurzelt sind, hält Monique Centeno fest. Daran müsse man ziemlich viel grundsätzlich verändern, wolle man wirklich zum Kern dessen vorstoßen, was für das Gesamtwohl unseres Landes und der Erde dienlich sei. «Wir müssen uns zum Beispiel verabschieden vom Machbarkeitswahn, der glaubt, es gebe für jedes Problem eine technische Lösung, und deshalb elementare Dinge wie etwa die Endlichkeit von Ressourcen ganz einfach negiert.»

 
 
Wir müssen uns verabschieden vom Machbarkeitswahn,
der glaubt, es gebe für jedes Problem eine technische Lösung.
 
 

Aus der Intelligenz des Herzens

«Integrale Politik ist Politik aus der Intelligenz des Herzens», bekennt Monique Centeno. Doch was heißt das? «Wenn wir lernen, achtsam zu sein, auf das Innere zu hören und die Gefühle nicht zu unterdrücken, dann spürt jeder Mensch intuitiv, was ‹richtig›, was lebensdienlich und zukunftstauglich ist. Voraussetzung dazu ist allerdings, dass persönliche Verletzungen, ‹der eigene Schatten›, transformiert worden sind. Nur so ist man in der Lage, jeder Frage unvoreingenommen gegenüberzutreten. Es gilt, seinem Herzen zu folgen und Erkenntnisse in die Welt zu tragen – auch wenn dies vielleicht mit einem Verlust an Komfort, Tempo oder materiellen Werten verbunden ist.» Politik sei eine dienende Tätigkeit, welche Regeln für das Zusammenleben der Menschen und ihrer Beziehung zur Mitwelt entwirft und diese dem Volk zur Beurteilung unterbreitet. Wichtigste Ziele seien das Wohl aller Menschen, unabhängig von Ethnie, Geschlecht, Nationalität, Religion, Sprache oder sozialem Stand, und der Schutz der Bedürfnisse aller Lebewesen, auch von Tieren und Pflanzen. Daher hätten die Unversehrtheit der Lebensgrundlagen, die Reinheit von Wasser, Boden und Luft und der Schutz der Landschaft einen hohen Stellenwert. «Politik aus der Intelligenz des Herzens heißt aber auch, die Verantwortung für die Gestaltung seines eigenen Lebens zu übernehmen und das Gefühl des Getrenntseins zur Bewusstheit der Verbundenheit zu transformieren. Ein integraler Mensch fühlt, dass er Teil des Ganzen ist – aber auch, dass das Ganze in ihm ist!»

 

 

INTEGRALE POLITIK SCHWEIZ

Integrale Politik gestaltet als lernender Organismus zukunftsfähige politische Kultur zum Wohl aller Wesen und unseres Planeten. IP Schweiz ist ein Verein, welcher sich dem Auf- und Ausbau politischer Strukturen und Tätigkeiten widmet. Die Mitglieder können hier ihre Kräfte und Ideen auf vielfältige Weise parteipolitisch und bewegungsmäßig organisieren und bündeln. Die IP Schweiz wirkt bei einer friedlichen und demokratischen Erneuerung der Gesellschaft mit. Sie trägt mit bewusstseinsbildenden Projekten und Vernetzungsarbeit auf politischer, ökonomischer, ökologischer, sozialer und psychologischer Ebene dazu bei, integrale Entwicklungsprozesse in Gang zu setzen. Die Aktivitäten der IP Schweiz sind auf eine integrale Gesellschaft ausgerichtet. IP Schweiz basiert auf einem ganzheitlichen Menschenbild, das die materiellen, emotionalen, mentalen und spirituellen Bedürfnisbereiche eines jeden Menschen als gleichwertig anerkennt.

Die Hauptanliegen der IP Schweiz sind: das Wohl aller Menschen zu fördern

  • das Wohl aller Menschen zu fördern – unabhängig von Ethnie, Geschlecht, Nationalität, Religion, Sprache und sozialem Stand

  • eine neue Wirtschaftsordnung zu etablieren, welche die liberalen Werte mit sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit verbindet

  • die lebensdienlichen Aspekte politischer Positionen von rechts bis links zu einem neuen Ganzen zu vereinen

  • Spiritualität als bedeutende, Sinn stiftende Dimension für Mensch und Gesellschaft anzuerkennen

  • die materiellen, emotionalen, mentalen und spirituellen Bedürfnisbereiche eines jeden Menschen als gleichwertig anzusehen

  • ein Bildungswesen, das die emotionalen und intuitiv-spirituellen Fähigkeiten ebenso fördert wie die intellektuellen und die körperlichen

  • eine Demokratie anzustreben, in der die heutige Machtkonzentration des Kapitals auf die Bürgerinnen und Bürger aufgeteilt wird

  • Die IP Schweiz vertritt keine Partikularinteressen, sondern verfolgt ausschließlich gemeinnützige Ziele im Interesse des Gemeinwohls.

 
 

 

ZUR PERSON

Monique Centeno ist fünfzig Jahre alt, verheiratet und Mutter von zwei erwachsenen Kindern. In Epalinges (Lausanne) führt sie seit 2001 eine Praxis für Coaching, Beratung in schwierigen Lebenssituationen, Persönlichkeitsentwicklung und als Shiatsu-Therapeutin. «Ich habe immer das Leben geliebt – seine Mysterien, seinen Reichtum und seine vielfältigen Ausdrucksformen. Das Leben ist in uns und wir sind das Leben!» Diesem Credo folgend, setzt sie sich für alles ein, was dem Leben und der Lebendigkeit dient.

Literaturhinweis: Integrale Politik. Neue Politik für eine neue Zeit. Werner Kaiser
ISBN 978-3-8423-6729-6
 
 
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