Beziehung und Sexualität
Doris Christinger und Peter Aman Schröter
SkyDancing Tantra
Friedensarbeit beginnt zwischen den Menschen und insbesondere zwischen den Geschlechtern. Wer im Innern Frieden findet bezüglich Beziehung und Sexualität, wird auch im Außen friedensfördernd wirken.
«GANZHEITLICHES WACHSTUM HIN ZU LEBENSLUST, AUTHENTIZITÄT UND LIEBESFÄHIGKEIT»
Doris Christinger und Peter Aman Schröter stellen ihr Leben seit über 30 Jahren in den Dienst der «Friedensarbeit zwischen den Geschlechtern». «Für uns bedeutet Menschsein, mit der Essenz in Verbindung zu sein und immer wieder die Qualitäten des Männlichen und Weiblichen im Außen sowie im Innen in Ausgleich zu bringen. Erst dann können wir die Unterschiede von Frau und Mann anerkennen und das Gemeinsame teilen. So wird aus dem Geschlechterkampf ein Geschlechtertanz. Somit verstehen wir unsere Arbeit als einen Beitrag zum Frieden auf dieser Welt.»
Heilungsbedarf
Wo verorten Christinger und Schröter die Defizite und Probleme, welche die «Dinge zwischen Mann und Frau» so schwierig machen? Als Erstes nennen die beiden die Authentizität. «Viele Paare kratzen an der Oberfläche. ‹Ich will geliebt werden, wie ich bin›, fordern beide vom andern. Aber keines von beiden zeigt sich wirklich so, wie es ist, und mutet sich dem anderen sozusagen ‹ungeschminkt› zu.» Ein zweiter wichtiger Punkt heißt «Abbau von Ängsten und Erweiterung der eigenen Grenzen». «Der Gegenspieler von Liebe und Frieden ist nicht Hass, sondern Angst», erklärt Peter Schröter. Blockaden und alte, oft tief verwurzelte Angstmuster aufzulösen sei ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum ganzheitlichen Wachstum. «Wenn dieser Prozess in Gang kommt, wird es spannend», sagt Doris Christinger. «Die Menschen spüren am meisten Lebendigkeit, wenn es ihnen gelingt, durch die Angst hindurchzugehen, die an persönlichen Grenzen auftaucht.» Zu erleben, wie Menschen in ihre Lebendigkeit und damit in ihre Handlungs- und Selbstbestim-mungsfähigkeit und ihre Eigenverantwortlichkeit kommen, sei das schönste Erfolgserlebnis in ihrem Beruf, sind sich beide einig. «Ganz klar muss in der ‹Friedensarbeit› zwischen Frau und Mann auch das Thema Sexualität einen großen Stellenwert haben» – dieses Credo ist ausschlaggebend dafür, dass Doris Christinger und Peter Aman Schröter in ihrer Arbeit auf Ansätze des traditionellen Tantra zurückgreifen. Auf keinem anderen Gebiet wie in der Sexualität gebe es so viel Heilungsbedarf, sind sie überzeugt. «Um auf diesem Gebiet Wachstum zu erlangen, muss – so banal es tönt – eine Frau erst einmal wissen, was eine Frau ist, und ein Mann, was Mannsein bedeutet.» Doris Christinger: «Die Grenzen zwischen den Geschlechtern wurden mit der Emanzipation verwischt, die Spannung zwischen Männern und Frauen neutralisiert. Die Folgen für Sexualität, Lust und Leidenschaft sind verheerend. Maskuline Frauen wissen nicht mehr, was Hingabe in all ihren Facetten bedeutet. Vor allem aber wissen verweiblichte Männer nicht mehr, wie man eine Frau erobert. Wenn die Sexualität in einer Beziehung nicht zu den archetypischen Energien beider Geschlechter zurückfindet, wird sich der Mann von der Frau manipulieren und die Frau vom Mann dominieren lassen.» Peter Aman Schröter: «Es geht darum, die feminine Hingabe und die maskuline Stärke als Basis sexuellen Erlebens zu akzeptieren, dann steht der Leidenschaft und den vielen Spielarten der Sexualität meist nichts mehr im Weg.»
Zurück zum Archetypischen
Es geht Doris Christinger und Peter Aman Schröter selbstverständlich keinesfalls darum, die Emanzipation schlechtzureden oder deren Errungenschaften zu verurteilen. «Aber bei der Emanzipation, also der Gleichberechtigung der Geschlechter, kann es doch nicht um Gleichmacherei gehen. Es geht darum, dass beide Geschlechter die gleichen Rechte auf allen Ebenen haben und frei entscheiden können, wieweit sie davon Gebrauch machen wollen. Und es geht darum, dass beide Geschlechter ihre archetypische Grundstruktur leben dürfen, ohne dafür geächtet oder gar bestraft zu werden.» Männer hätten oft Mühe mit einem feministisch überhöhten Frauenbild. «Überspitzt formuliert: Statt einen Beschützer zu suchen, haben die Frauen einen Pfefferspray in der Tasche. Und für die Zeugung eines Kindes gibt es die Samenbank.» Auf der anderen Seite hätten moderne Frauen oft Angst, «unfeministisch» zu sein, wenn sie ihrem archetypischen Wunsch nach Hingabe Folge leisten. «Die meisten Paare in unseren Seminaren und Beratungen reagieren erleichtert, wenn wir sagen, dass der Mann aktiv führen soll. Wenn er den Mut hat, seine Frau bewusst mitzureißen, und sie seine Liebe spürt, kann sie sich hingeben. Wenn er das nicht übernimmt, kann sie ihre Kontrolle niemals loslassen.»
Bewusstheitsveränderung
Als Doris Christinger und Peter Aman Schröter vor gut dreißig Jahren ihre Arbeit begannen, begegneten ihnen oft Schwierigkeiten. «Alles, was mit Tantra zu tun hatte, wurde in eine ‹Schmuddelecke› gestellt. Und wenn jemand offen über Sexualität und deren Bedeutung für das Gelingen einer Partnerschaft sprach, wurde im besten Fall verschämt weggeguckt.» Zwar hatte die «Aufklärungswelle» der Sechziger- und Siebzigerjahre (Oswald Kolle usw.) bereits für einige Offenheit gesorgt. Aber bis zu einer authentischen, direkten Arbeit mit «Menschen wie du und ich» in Seminaren, in denen das Thema Sexualität eine große Rolle spielt, war es dann doch noch ein großer Schritt. «Mit den Jahren hat sich das Gesamt-bewusstsein sanft gewandelt. Heute ist unsere Arbeit anerkannt. Unsere Seminare werden von guten Seminarhäusern beherbergt, und wir konnten immer öfter in den Medien zu unserer Arbeit und von unseren Erfahrungen sprechen.» Sehr oft kämen Menschen in ihre Seminare, die in ihrem Leben an einem Übergang stehen (vor dem Entscheid, Kinder zu haben, dann, wenn die Kinder nicht mehr die Hauptrolle im Leben spielen, vor der Pensionierung usw.). Oft sei der Wunsch, «etwas Neues zu erleben», ausschlaggebend. Und sehr viele kämen, weil sie erkannt hätten oder mindestens erahnten, dass es «mehr gibt als das, was ich lebe». «Natürlich» – so Christinger und Schröter – «wäre es übertrieben, von einer Massenbewegung hin zu dieser Art von persönlicher Entwicklungsarbeit zu sprechen. Aber der Wunsch nach einem integralen ‹Heilsein› verbreitet sich immer stärker. Und glücklicherweise auch der Mut, aktiv etwas dafür auch auf einem Gebiet zu tun, das immer noch von ziemlich hohen Schamhürden umgeben ist.»
Bewusstheit sowie Nähe und Distanz
Doris Christinger und Peter Aman Schröter sind seit 28 Jahren «immer wieder verliebt ineinander». Um dies zu erreichen, investieren sie viel – vor allem auch bewusstheitsmäßig: «Wenn man von den größten Irrtümern in langdauernden Partnerschaften sprechen will, würden wir drei Punkte nennen: Zu glauben, die Phase des Verliebtseins werde ein Dauerzustand bleiben. Darauf zu hoffen, dass der andere sich ändert. Den Partner verantwortlich zu machen für das eigene Glück und Wohlbefinden.» Wenn man sich dieser Irrtümer immer bewusst sei und ihnen nicht erliege, komme man in einer Beziehung schon sehr weit. Für wichtig halten die beiden auch einen richtigen Umgang mit Nähe und Distanz. So wohnen sie zwar zusammen in einem Haus, aber in zwei getrennten Wohnungen. «Seinem Partner oder seiner Partnerin das Gefühl von Nähe und Geborgenheit vermitteln zu können, halten die beiden für eine unverzichtbare Voraussetzung für eine glückliche Partnerschaft. «Fast ebenso wichtig ist es aber, dass beide auch in der Lage sind, Distanz zu gewähren und zu ertragen, wenn das Andere danach das Bedürfnis hat. Für das Gelingen einer Beziehung ist nicht entscheidend, wie nahe und verbunden man sich fühlt, wenn man zusammen im Bett ist. Entscheidend ist, wie stark diese Nähe und Verbundenheit in Zeiten der Distanz trägt.»